Features priorisieren mit „relativem Gewichten“

In der Produktentwicklung stehen immer viele verschiedene Features an, die alle umgesetzt werden wollen. Features können alle Themen sein, die der Weiterentwicklung des Angebots dienen.

Welches bringt aber am meisten, ist die wichtigste? Worum sollen wir uns zuerst kümmern? Eine Methode will ich hier vorstellen und am Beispiel eines imaginären Online-Shops veranschaulichen.

Neben der Kano-Analyse, die ich in einem früheren Artikel beschrieben habe, kann zur Entscheidungsfindung das „Relative Gewichten“ weiterhelfen. Vom relativen Gewichten habe ich u.a. im Video „Prioritizing Your Product Backlog“ von Mike Cohn erfahren.

So sieht das relative Gewichten beispielsweise aus:


nach rechts scrollen um die Prioritäten zu sehen!

Diese kostenlose Excel-Vorlage downloaden.


Und so funktioniert das relative Gewichten in 7 Schritten:

1. Notiere die Features, die Du vergleichen möchtest

Die Features sind die Produkteigenschaften (Themen), die Du umsetzen willst. Lasse dabei die Pflicht-Features außen vor, denn diese musst Du ja sowieso umsetzen. Betrachte nur „Exciter“ und „lineare Features“, wie in der Kano-Analyse beschrieben.

Beispiel: Nehmen wir an, ein Online-Shop für Schuhe möchte seine Website ausbauen. Folgende Features stehen zur Diskussion:

  • „Typberatungs-Quiz“ – Als Kunde möchte ich mit einem Quiz herausfinden, welcher Schuh-Typ ich bin und passende Angebote bekommen.
  • „Schuhsortiment nach Schuhgröße filtern“ – Als Kunde/Kundin möchte ich nur Schuhe sehen, die in meiner Größe vorrätig sind.
  • „Produktvideos anbieten“ – Als Anbieter möchte ich die 50 erfolgreichsten Schuhtypen mit professionell erstellten Online-Videos zusätzlich präsenteren, damit sie stärker verkauft werden.
  • „Zahlungsart per Sofortüberweisung“ – Als Käufer/Käuferin möchte ich die Schuhe per Sofortüberweisung bezahlen, weil ich den anderen Zahlungsarten misstraue.

2. Bewerte jedes Feature nach erwartetem Nutzen und drohender Schaden

Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie hoch ist der Nutzen für jedes einzelne Thema? Und wie hoch wäre die drohende Einbuße, der Schaden? Diese Schätzung trifft man am besten nach einem Gespräch mit allen Beteiligten. Es geht nicht um konkrete Größen, sondern um ein „Bauchgefühl“. Dieses sollte aber durchaus auf Recherche basieren und diskutiert werden.

Beispiel: Das Typberatungs-Quiz wurde bei einer Befragung unter internet-affinen Schuhkäuferinnen als wünschenswert erachtet. Deshalb erhoffen wir uns eine Verkaufssteigerung und schätzen den Nutzen auf 5 von 10 Punkten. Allerdings hat das Quiz bisher nie ein Kunde vermisst. Der Schaden, es nicht zu bauen, wird von uns daher auf 0 von 10 Punkten eingeschätzt.

3. Die Summe aus Nutzen und Schaden ergibt den Gesamtwert des Features.

Addiere jetzt für jedes Features beide Zahlen: Die Nutzen- und die Schadenspunkte.

Beispiel: Das Typberatungs-Quiz hat einen Nutzen von 5 und einen Schaden von 0. Das ergibt in der Summe 5 Punkte.

4. Berechne nun den prozentualen Gesamtwert für jedes Feature

Teile den Gesamtwert eines einzelnen Features durch die Summe der Gesamtwerte aller Features. Die Excel-Tabelle am Ende dieses Artikels macht das automatisch.

Beispiel: Der Gesamtwert des Quiz-Features ist 5. der Gesamtwert aller Features, die wir vergleichen wollen, ist 34 (siehe Beispiel-Tabelle). 5 geteilt durch 34 multipliziert mit 100 ist gerundet 15 Prozent (das sagt auch der Google-Taschenrechner)

5. Schätze den Aufwand für jedes Feature.

Wie teuer ist es in etwa, dieses Feature umzusetzen? Ob die Kosten in Euro, in Manntagen oder in einer anderen Einheit geschätzt werden, ist egal. Am besten Du fragst diejenigen, die es umsetzen sollen. 🙂

Beispiel: Der freie Designer hat so etwas schon einemal gebaut und kann Design und HTML an 1 Tag liefern und der Entwickler des Schuh-Shopsschätzt, dass er dann 3 Tage zum Einbauen braucht. Wir schätzen den Aufwand also auf 4 Tage.

6. Berechne den prozentualen Kostenanteil für jedes Feature

Wie vorhin beim Gesamtwert ermitteln wir nun auch den prozentualen Anteil der Kosten für jedes Feature. Der einzelne Kostenpunkt wird geteilt durch die Summe der Kosten aller Features. Auch das macht die Excel-Tabelle (unten) automatisch.

Beispiel: Das Quiz kostet 4 Manntage, alle Features würden insgesamt 26 Manntage kosten (siehe Beispiel-Tabelle). 4 geteilt durch 26 multipliziert mit 100 ist gerundet 15 Prozent (auch das weiss Google 😉 )

7. Berechne die Priorität

Teile nun den prozentualen Wert durch die prozentualen Kosten. Daraus ergibt sich die gesamte Priorität dieses Features. Das Feature mit der höchsten Priorität sollte zuerst in Angriff genommen werden, denn da bekommt man das beste Ergebnis im Verhältnis zu den eingesetzten Kosten.

Beispiel: Das Quiz-Feature hatte einen Wert von 15% und Kosten von 15%, das Ergibt 100% (in der Beispiel-Tabelle wurde ohne Rundung gerechnet und das genaue Ergebnis ist dort 96%). Das Feature „Filtern nach Schuhgröße“ hat aber die Priorität 344%! Diese Werte können wir nun vergleichen! Wir sollten den Filter also zuerst einbauen.

Fazit

Das relative Gewichten hilft, systhematisch darüber nachzudenken, wie nützlich ein Feature ist und wie es im Vergleich zu alternativen Features einzuschätzen ist. Probiere es selbst aus: Du kannst die Excel-Vorlage downloaden.

Was meint ihr?

Habt ihr Erfahrungen mit relativem Gewichten gemacht? Wie ist der Entscheidungsprozess bei euch? Schreibt einfach einen Kommentar.

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